Mittwoch, 22. Januar 2014

Im Bann der -ismen

Sie lauern überall.
Schleichen sich heimlich an, infiltrieren Gespräche und geben keine Ruhe.
Vor allem online bewegen sie sich umher.
Und sie sind in meinem Kopf.

In deinem übrigens auch.
Stärker oder schwächer.
Die -ismen; -isten, -aten usw.

Anders formuliert: Die Schubladen in die wir uns alle gerne einsortieren.
Ich schreibe als Betroffener und als Ausübender und wie immer ist der Beitrag nichts weiter als meine Gedanken.

Das sind so "schöne" Todschlagwörter, die immer in Diskussionen verwendet werden. Sie grenzen scheinbar ab und zeigen bestimmte Meinungen auf - angeblich.
Kostprobe?
Feministen, Chauvinisten, Liberalisten, Charismaten, Evangelikale, Fundamentalisten usw.

Sie sagen etwa über den Gegenüber aus.
Nur gibts da ein kleines Problem - nämlich der Punkt, dass es nur die eigene Wahrnehmung widerspiegelt.
Ich lese einen Satz und sortiere sofort in die passende Schublade.
"Ich finde, dass an dieser Stelle die Bibel das letzte Wort haben muss". Ganz klar - Bibeltreuer Fundamentalist.
Ob die Person aber an anderen Punkten genau so denkt, weiß ich nicht - denn die Diskussion beschränkt sich auf ein Thema.
Aber sofort ist das Bild da - die Schublade ist offen.
Und schneller wieder zu als jemand Amen sagen kann.
Ein weiteres Problem ist auch, dass ich noch nicht mal Ahnung habe, wie die Person auf diese Aussage gekommen ist.
Wie denn auch? Ich hab den Denkprozess ja nicht miterlebt.

Und so hab ich mir schnell ein Bild gemacht und ballere dann recht schnell alle Vorurteile, die ich gegen die bestimmte Schublade habe mit rein ins Gespräch.
Jau das nervt.

Interessanterweise geht das Spiel in beide Richtungen immer gleich aus, obwohl es eigentlich keiner will.
Ich will auch nicht in Schubladen einsortiert werden. In Gesprächen wünsche ich mir auch den Respekt, dass Menschen in der Lage sind auf mich einzugehen und meine Fragen und Gedanken nicht als ideologisches Konstrukt in die -ismen; -isten, -aten Schubalde zu stecken.

In den letzten Wochen wurde mir des öfteren durch die Blume (seltens auch ganz direkt) die Liberalismus-schublade geöffnet. Anklagepunkt ist das ich die Bibel nicht ernst nehme.
Das stimmt so nicht. Ich nehm sie ernst - zumindest versuche ich es. Aber ich komme auch an Grenzen, sehe Punkte, die ich nicht verstehe und stelle mir dann Fragen. Ich möchte auf kritische Fragen mehr sagen können als: "Das steht eben nun mal so".
Mir reicht das nicht. Und was ich nicht verstehen kann, darüber fällt es mir dann auch schwer mich zu positionieren.

Bei einer Diskussion wurde mir das mal gespiegelt: "Es scheint, als ob du an der Wahrheitssuche verzweifelst".
Da gingen bei mir schon einige Schubladen auf. Aber dann hab ich den Gedanken an mich rangelassen und Ja, der Mann hat Recht.
Beim Ringen um biblische Wahrheiten kann man zerbrechen.
Vor allem dann, wenn jeder Gedanke, der nicht (oder gerade) in ein bestimmtes Muster passt als Generalverdacht genutzt wird um in Schubladen zu schieben.

Schreib ich das verbittert?
Nö, überhaupt nicht. ganz im Gegenteil. Es ist gut sowas zu erkennen.
Und mein innerer Kritiker ist an dem Punkt erstaunlich ruhig.

In dem Sinne - gesegnetes Diskutieren.
Und lasst die Schubladen mal zu :-)

Donnerstag, 16. Januar 2014

Aber ich liebe sie doch...

Es geht heiß her.
Das Thema Homosexualität. Nicht erst seit sich der bekannte Fußballer geoutet hat, nein das Thema wird schon lange diskutiert.
In Foren, auf facebook, in Zeitschriften.

Als frommer Skeptiker stoße ich da schnell auf Sätze die mich wundern.
Am meisten von anderen Christen, die immer wieder betonen wie wichtig es doch ist die Bibel ernst zu nehmen.
Nun, der Meinung bin ich eigentlich auch. Aber mir drängt sich der Verdacht auf, dass da einige Stellen über andere gestellt werden.
Schnell kommt ein Bild in mir auf, wenn ich so manche Vergleiche oder Zwischenbemerkungen über homosexuell empfindende Menschen lese:
"Wie Tiere"; "widernatürlich"; sie werden eingereiht zu Mördern, Kinderschändern, Betrügern.
Die Begründung ist simpel - es ist Sünde.
Da meckert eine kleine Stimme in mir los : "Wenn es Sünde ist und Sünde immer gleich ist ohne Rangfolge, warum dann immer die Extrembeispiele? Warum nicht mal Lügen - was alle betrifft? Warum nicht mal negative Gedanken, was ebenfalls alle betrifft? Oder die kleinen Ausreden, die wir alle so pflegen.
"Wie gehts dir?" -> "Gut" obwohl es nicht stimmt"
Spätestens dann wird auch eine wörtliche Auslegung von Matthäus 5,30 sehr problematisch.

Dann sage ich der Stimme, dass Urteilen nicht in Ordnung ist und das die Leute schon wissen was sie machen und das ja jeder für sich entscheiden muss wie er mit Menschen umgeht.
Die Stimme ist aber erstaunlich hartnäckig.

Doch am meisten stolpere ich dann über die Aussage "Aber ich liebe die Homosexuellen doch"...
Da wird das Stimmchen auf einmal sehr laut.
Und ich mal ganz ehrlich: Liebe ich alle Menschen?
Nein.
Selbst Menschen, die ich mag und gut kenne haben so ihre Macken, die mich immer mal wieder nerven.
Und nicht jeder Gedanke ist dann von christlicher Nächstenliebe durchflutet.
Liebe ich Fremde?
Nein.
Alleine schon um einen Menschen sympathisch zu finden muss ich ihn kennenlernen. Und in wievielen Seminaren zum Thema Beziehung und Ehe wird gesagt, dass Liebe ein Prozess ist, etwas was wächst.
Also bin ich ehrlich - nein ich liebe nicht jeden Menschen. Und bei Leuten, die mir ganz klar auf die Nerven gehen ist es noch schwerer.
Vor allem wenn wir die gute alte 1. Korinther 13 Stelle als Maßstab nehmen.
Autsch.
Aber vielleicht bin ich ja ein hoffnungsloser Fall, der sich zur Liebe durchringen muss und alle anderen Christen gelingt das mit Bravour.

Anders kann ich es mir nicht erklären, dass der Satz "Ich liebe sie doch" immer wieder kommt.
Denn irgendwie wirkt das auf mich so gegensätzlich.
Wie kann ich den einen Menschen lieben und ihm immer wieder vorhalten das er eigentlich Sünder ist?
Wie kann ich einen Menschen den ich liebe nur noch auf sein Sexleben reduzieren (denn darauf läuft ja fast sämtliche Auslegung hinaus - homosexueller Sex ist Sünde; blöd nur das ein Mensch aus mehr besteht als nur Sex; ja es ist mir an der Stelle wurscht was Kollege Freud dazu zu sagen hatte).
Und kann ich einen Menschen lieben ohne ihn als gesamten Mensch ernst zunehmen? Mir seine Hoffnungen, Ängste, Wünsche, Sorgen und Träume anzuhören ohne dauernd an seine sexuelle Orientierung zu denken?

Wenn die Liebe wirklich alles erträgt, hofft, glaubt und erduldet dann stehen wir alle vor einer großen Herausforderung, wir die wir uns immer gerne darauf berufen aus Liebe zu handeln.

Und wenn ich wirklich so liebe, dann möchte ich doch auch Menschen kennenlernen, oder?
Mich beweisen in meiner Liebe. Und nicht vor einem Computer hängen und sagen dass ich Homosexuelle liebe, aber ihr Handeln nicht gut heiße ( auch so eine seltsame Formulierung - ihr Handeln, machen sie den ganzen Tag nur Sex? Ehrlicher wäre ja zu schreiben, dass ich Teile ihres Handelns nicht gut heiße).
Denn viel Liebe scheint da dann nicht rüberzukommen.
(Interessanterweise fragt die Stimme in meinem Hinterkopf ob ich das nicht mal auch so machen könne, also weg von Computer hin zu den Menschen).

Mir ist natürlich klar, dass ich hier niemanden über einen Kamm scheren kann.
Will ich auch nicht.
Trotzdem drängt sich mir die Frage auf, ob wir wirklich so lieben, wie es so oft geschrieben wird?
Oder ob es nicht an einigen Stellen eine Legitimation ist um unsere Ablehnung zu transportieren?

Wenn ich mich damit an anderen Stellen befasse merke ich, dass ich selber ganz schön heuchle.
Liebe die Menschen, die von sich sagen sie wären Bibeltreu und gegen Homosexuelle argumentieren.
Ups. Das ist schwer.
Es ist mords-schwer weil ich sofort davon ausgehe, dass sie an anderen Punkten genau so (für mich) unbarmherzig argumentieren wie an diesem Punkt.
Ich weiß es nicht ob es stimmt.
Aber ich rechne damit. Und schwupps - schon urteile ich und messe Einzeltaten als Gesamtpaket.
Wobei das auch umgedreht wieder auf gleichgeschlechtlich lebende Menschen übertragen werden kann.

Jede Münze hat 2 Seiten.

Was bleibt am Ende zu schreiben?
Keine Ahnung.
Mich verwirrt das Thema.
Vielleicht der Wunsch, dass wir alle mehr versuchen Liebe ernst zu nehmen.
Ja, das ist gut.
Gott macht es ja auch.